Klima und Wetter – Statistiken verstehen II: Von der Langeweile eines aufregenden Monats – ein April-Märchen

Ein modernes Märchen geht so: Es war einmal ein Monat, der hieß April, und über den sagte man: „April, April, er weiß nicht, was er will“. Und dieser wundersame, wilde, ungezähmte, freigeistige April überraschte die Menschen mit Hitze, Kälte, Regen und Sonnenschein, und das jedes Jahr aufs Neue…

Ein Märchen aus weiter Vergangenheit?

Tatsächlich war das wechselhafte Wetter, das man über Jahrzehnte, ja Jahrhunderte im April kannte, eine Art gemeinsames Wissen in Mitteleuropa. Bin ich Winter oder bin ich Frühjahr? Oder vielleicht sogar Sommer? Diese Frage schien der April jedes Jahr neu zu beantworten. Für Gartenbauer war das – neben den Eisheiligen im Mai – eine große Herausforderung.

Inzwischen zeigen die langzeitigen Trends ein weniger abwechslungsreiches Bild. Für heuer gilt: Die ersten zehn Tage des Monats waren recht wechselhaft, nennen wir es eine Reminiszenz an das April-Märchen, mit starken Temperatursprüngen und Extrema. Der kälteste Punkt in Deutschland zeigte -14,6°C, das war auf der Schwäbischen Alb. Der Rest des Aprils war dann recht stabil trocken und sonnig.

Apriltemperaturen langjährig. Leider noch ohne den April 2022, weil noch keine Graphik vom DWD hierzu verfügbar ist. Quelle: DWD.de

Verglichen mit den Mittelwerten der Referenzperiode 1961 – 1990 fiel ca. 5 % weniger Niederschlag (55 l/m2) und die mittlere Temperatur lag mit 7,8 °C um 0,4 °C über dem Mittelwert. Damit war der April 2022 der 14. „zu trockene“ April in Folge. Wer Referenzwerte nachlesen will, klicke auf den Link zu diesem Artikel: Klima und Wetter – Statistiken verstehen I: Langjährige Temperatur- und Niederschlagsmessung.

Niederschlagsmengen im April langjährig. Auch hier leider ohne den April 2022. Aktualisierung wird nachgereicht. Quelle: DWD.de

Der Vergleich mit der neuen Referenzperiode 1991 – 2020

Die neue Referenzperiode 1991 – 2020 sieht anders aus, geschuldet dem Klimawandel mit höheren Temperaturen und geringeren Niederschlägen. Verglichen damit war der April 2022 um ein Viertel niederschlagsreicher und um 1,2 °C kälter. Hier liegt ein Punkt, an dem Vorsicht geboten ist: Andere Referenzwerte aus der neuen Referenzperiode bedeuten nicht, dass plötzlich alles in Ordnung wäre, wenn aktuell gemessene Werte nun in der Nähe des neuen Durchschnitts lägen. Sie sagen nur aus, dass sich Durchschnittstemperaturen und -niederschlagsmengen von einer zur nächsten Referenzperiode stark verändert haben – dadurch verfestigen sie das Bild vom Klimawandel noch weiter.

Dieser Artikel ist der zweite einer dreiteiligen Reihe, die in knappen Worten und hoffentlich nicht zu trocken einige statistische Daten und Zusammenhänge zu Wetter und Klima darstellt.

Der Vergleich mit der neuen Referenzperiode ändert auch nichts daran, dass wir insgesamt ein Niederschlagsdefizit haben gemessen an

  • der langfristig als notwendig erachteten allgemeinen Bodenfeuchte und
  • dem höheren Wasserbedarf der Pflanzen, weil sie in dieser Zeit des Jahres keimen oder ihr jährliches Wachstum wieder verstärken.

Das April-22-Fazit lautet daher: Die ersten zehn Tage des Aprils waren „märchenhaft“ wechselhaft, während uns die folgenden zwanzig warmen und trockenen Tage zeigten, dass der wechselhafte April nun tatsächlich zur Märchengestalt wird.

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