Ich bastle mir einen Boden – das Rendzina-Experiment

Was hassen Schüler im Fach Erdkunde am meisten? Bodenkunde!

Damals bestanden Bodenhorizonte aus unlernbaren Buchstabenkombinationen, die Namen klangen „russisch unverständlich“, und niemand konnte einem sagen, wozu Bodenkunde wirklich nütze war (außer: „Da wächst Getreide drauf.“). Kurz: Es war langweilig. Vielleicht muss man als Normalschüler diese traumatischen Erlebnisse erst zwanzig Jahre hinter sich gelassen haben, um einen anderen Blick auf das Thema zu bekommen. Auf Klimawandel-Garten.de ist es nun so weit:

Ich bastle mir einen Rendzina-Boden!

Warum eine Rendzina?

Die Rendzina ist allem Schüler-Unken zum Trotz ein interessanter Boden: Flachgründig, veränderlich, anspruchsvoll, und vielleicht ein Anzeiger dafür, welche Herausforderungen im Klimawandel auf Böden und deren Vegetation zukommt. Haben also Pflanzen und Tiere, die auf Rendzina leben, eine strahlende Zukunft?

Anspruchsvoll ist die Rendzina, weil sie sich auf Kalkstein bildet und dadurch einen hohen pH-Wert hat. Weil sie maximal 40 cm mächtig ist, kann sie direkte Veränderungen in ihrer Umgebung (Temperaturschwankungen, Niederschläge) nur schwach puffern und verändert sich dadurch selbst sehr stark. Durch ihre porige Struktur versickert Wasser sehr schnell mit zwei Konsequenzen: Der Boden ist sehr trocken und die Verwitterung des untenliegenden Gesteins geht rasch vonstatten.

Durchaus ein Extremboden

Insgesamt ist die Rendzina also ein Extremstandort, weswegen ich diesen Boden für den Klimawandel-Garten als Beispiel herausgesucht habe, um über die Saison zu beobachten, wie sich die Vegetation entwickeln wird. Zugegeben: Der hohe pH-Wert ist wohl kein Charakteristikum zukünftiger Böden angesichts des fortschreitenden Klimawandels, die Trockenheit und Durchlässigkeit von Böden jedoch schon.

Für Bodenlebewesen übrigens ist die Rendzina ein Paradies: Der hohe Porenanteil schafft Lebensräume für Würmer, Insekten und andere Kleinlebenwesen.

Hier mein Disclaimer: Mein Boden nähert sich einem echten Rendzina nur an. Darüber hinaus gibt es den einen Rendzina auch gar nicht, so wie alle Böden mehr oder weniger nur Momentaufnahmen laufender Prozesse sind. Die Frage eines Bodenkundlers wäre daher: Welche Phase bildet mein Rendzina ab, ist es ein junger oder alter, ein unreifer oder ein reifer Boden – oder etwas dazwischen? Die Antwort geben Bodenkundler besser selbst. Ich bin gespannt! Aus meiner Sicht: Der Rendzina ist eher jung. Der Tongehalt ist gering, Verwitterung hat in dem Sinn nicht stattgefunden.

So wurde die Rendzina gebaut

A) Befüllung des terrakottafarbenen (nicht schwarzen) Pflanzgefäßes (Innenabmessungen 72 x 32 x 25 cm):

  • C-Horizont, der Unterboden: 8 cm Kalksteine aus dem Baumarkt, überlegt mit einer Sandschicht
  • A-Horizont: Eine Mischung aus Anzuchterde, Gartenerde und Sand im Verhältnis 5:4:1. Der Horizont ist ca. 15 cm hoch. Um den pH-Wert im Saisonverlauf zu erhöhen, wurden 8 – 10 Eierschalen untergemischt.
Rendzina: C-Horizont aus Kalkstein und Sand.

B) Standort: Exponierte Westseite ohne Wind- und Sonnenschutz. Dadurch wird sich der Boden im Sommer stark erwärmen. Das wird ein wenig durch die Farbe des Kastens gemildert

C) Bepflanzung: Eine Schlüsselblume (Primula officinalis). Geplant waren außerdem Gewöhnliche Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris), Dornige Hauhechel (Ononis spinosa) und Andorn (Marrubium vulgare) als kalkliebende Pflanzen. Dummerweise hat sich DHL mit dem Paket acht Tage Zeit gelassen und die Pflanzen waren nach Ankunft kaputt.

Renzdina: A-Horizont (Oberboden A) aus Anzuchterde, Gartenerde, Sand mit untergemischten Eierschalen

Die Fragen bzw. Ziele des Experiments

  • Halten sich die eingesetzten Pflanzen unter den harten Bedingungen (hohe Temperaturen und starke Bestrahlung durch die pralle Sonne, kein Wasser außer Regen, hoher pH-Wert) über die Saison?
  • Welche Pflanzen siedeln sich auf den freibleibenden Flächen an?

Sobald sich auf oder im Boden etwas tut, aktualisiere ich den Eintrag…

Aktualisierung 20.04.22: Neue Pflanzen wurden geliefert! Neben der Schlüsselblume stehen nun ein Mäuseohr, eine Dornige Hauhechel und zwei Küchenschellen im Kasten.

Aktualisierung 09.05.22: Bisher hat sich keine einzige Pflanze natürlich in der Rendzina angesiedelt. Vielleicht habe ich es mit den Eierschalen im Boden übertrieben?

Rendzina auf wissenschaftlich – ein wenig Bodenkunde

Die Systematik von Böden unterscheidet drei Horizonte: Oberboden A, Unterboden B, Untergrund bzw. Ausgangsmaterial C. Ein Horizont ist eine Schicht mit einheitlich ähnlichen Merkmalen und Eigenschaften. Eine Rendzina hat als flachgründiger Boden keinen Unterboden, daher lautet seine allgemeine Formel A/C. Da der Oberboden humos ist, steht hinter dem A ein h, und da der Untergrund cabonat- bzw. gipshaltig ist, bekommt das C noch ein c. Die vollständige Rendzina-Formel ist Ah/cC.

Rendzinen kommen in Deutschland u.a. auf der Schwäbischen Alb, der Fränkischen Alb und in den Bayerischen Alpen vor. Die Alpen – Nördliche und Südliche Kalkalpen – bestehen zu einem großen Teil aus Kalkgesteinen bzw. Dolomit, daher sind in Österreich und der Schweiz Rendzinen sehr weit verbreitet, z.B. das Karwendelgebirge, Berchtesgadener Alpen, nicht zu vergessen die Dolomiten im italienischen Teil der Alpen.

Der Name Rendzina stammt aus dem Polnischen und ist laut der deutschsprachigen Wikipedia dem scharrenden Geräusch des Pfluges nachempfunden, wenn er auf das Gestein trifft. Auf der Schwäbischen Alb spricht man auch von Steinäckern – da kommen die Kalkbrocken ganz ohne das Pflügen nach oben, weil der sogenannte Frosthub im Winter die Steine permanent nach oben presst bzw. schiebt.

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